„Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke.“
1. Was hat dich dazu bewogen, dieses Volontariat auszuüben?
Ich wollte nach der Matura nicht sofort studieren, sondern zuvor eine Weile ins Ausland gehen. Ein Volontariat erschien mir sowohl geeignet, um Lebenserfahrung zu sammeln und eine neue Kultur kennenzulernen, als auch um etwas davon zurückzugeben, was ich durch die Schule, ein tolles Familienumfeld und ein unbeschwertes Leben in Österreich lernen durfte.
2. Warum Alalay? Warum Bolivien?
Ich habe mich deswegen für Alalay entschieden, weil man, im Unterschied zu anderen Organisationen, nicht dafür bezahlen muss freiwillige Arbeit zu leisten. Aufler den persönlichen Ausgaben natürlich. Alalay basiert vor allem auf Freiwilligen, die sich der Organisation verschreiben und die Arbeit somit mit vollem Herzen ausüben. Das hat mich überzeugt. Bolivien als eines der ärmsten Länder in Südamerika schien mir ein spannendes Land, in dem man durch eigenen, motivierten Einsatz noch einiges bewegen kann.
3. Tagesablauf: Was waren deine Tätigkeiten? Haben sich diese mit der Zeit verändert? Was hat dir besonders Spaß gemacht? Was war anstrengend?
Während der Schulzeit hat der Tag um sieben Uhr mit dem gemeinsamen Frühstück begonnen. Am Vormittag habe ich mich um die zwei kleinen Mädchen, die noch nicht zur Schule gegangen sind, gekümmert. Nach dem gemeinsamen Mittagessen standen Hausaufgaben und Haushaltstätigkeiten wie etwa Putzen auf dem Programm. Vor allem bei der Mathematik-Hausübung war meine Hilfe gerne gesehen. Wenn dies erledigt war, haben wir Fußball gespielt, gebastelt oder einfach nur lange Gespräche geführt, in denen mich die Mädchen auch oft um Rat gebeten haben. In den Ferien waren wir Freiwillige für die Gestaltung eines Tagesprogrammes verantwortlich. Das war eine sehr anstrengende Zeit, die viel Vorbereitung und Organisation mit sich brachte. Dadurch haben wir aber auch sehr viel Zeit mit den Kindern verbracht, haben gemeinsam etwaige Turniere verloren, aber auch gewonnen, Teambuilding-Aufgaben bewältigt und viel Spaß gehabt.
4. Wie war es für dich, dich mit den Kindern zu verständigen? War es schwierig mit der Sprache? Wie würdest du deine Beziehung zu den Kindern beschreiben?
Anfangs war die Sprache das größte Hindernis für mich und im ersten Monat habe ich nur sehr wenig verstanden. Danach haben sich meine Spanischkenntnisse aber ziemlich schnell verbessert und dadurch wurde meine Beziehung zu den Mädchen auch immer besser, weil ich viel interessantere Gespräche mit ihnen führen konnte. Die Mädchen waren zu einem groflen Teil in meinem Alter oder ein paar Jahre jünger, deshalb würde ich meine Beziehung zu ihnen vor allem als freundschaftlich beschreiben.
5. Erzähle mir bitte eines der schönsten Erlebnisse während deiner Arbeit für Alalay bzw ein Erlebnis, das dich tief berührt hat.
Mein schönstes Erlebnis war, als eines der ältesten Mädchen, das gerade die Schule abgeschlossen hatte, ein Stipendium für eine Universität in La Paz bekommen hat. Sie ist ein sehr kluges Mädchen, das durch Alalay die Chance bekommen hat ihr Potential zu entfalten.
6. Gab es Dinge, die dich gestört haben oder die schwer waren? Warum? Was war die größte Herausforderung?
Die bolivianische Lebensweise ist ein bisschen gemütlicher, als wir es in Österreich gewohnt sind. Dies führt öfter zu einer gewissen Unverlässlichkeit und es scheint, als wären manche Sachen egal.
Jedoch darf man nicht vergessen, dass wenige Mitarbeiter im Kinderheim für viele Kinder verantwortlich sind. Aber nachdem ich mich eingelebt habe, habe ich gelernt, wie ich das Team hierbei unterstützen und meinen Beitrag zu einem reibungsloseren Ablauf im Kinderdorf beitragen kann.
7. Inwieweit haben sich deine Erwartungen an das Projekt beziehungsweise an deine Zeit in Bolivien bestätigt bzw widerlegt?
Ich habe eigentlich keine großen Erwartungen und Vorstellungen gehabt, aber im Projekt hat sich bestätigt, was mir viele Freiwillige vorher schon erzählt hatten: Die Mädchen haben mich sehr herzlich aufgenommen und waren immer sehr geduldig, vor allem was meine fehlenden Spanischkenntnisse am Anfang betroffen hat.
8. Wie war der Abschied für dich? Deine erste Zeit wieder zurück zu Hause?
Der Abschied war unglaublich schwer, aber irgendwie auch schön. Am letzten Abend haben wir zusammen gekocht und am nächsten Tag haben mir die Mädchen einen Kuchen überreicht mit den Worten „Gracias por todo“, also danke für alles. Das hat mich sehr gerührt. Zuhause angekommen war ich eine Zeit lang sehr nachdenklich und verschlossen und habe noch viel über die Zeit im Kinderdorf nachgedacht.
9. Denkst du, dass dich die Arbeit verändert hat bzw irgendwelche Auswirkungen auf deine Zukunft oder dein Leben danach hat? Denkst du oft an die Kinder, das Land, die Organisation?
Die Arbeit im Kinderdorf hat mich in meinem Wunsch Ärztin zu werden bestätigt, weil mir die Arbeit mit Menschen viel Freude bereitet hat. Ich sehe auch bestimmte Probleme nicht mehr so dramatisch und bin im Umgang mit stressigen Situation viel ruhiger geworden. Die Mädchen sind immer noch ein großer Teil meines Lebens und es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht an sie denke.
10. Abgesehen von der Arbeit, wie würdest du das Land und das Leben dort beschreiben? Die Sicherheit im Land, die gesellschaftliche Situation, das Reisen,… Was hat dir denn am besten gefallen? Was hat dich gestört?
Natürlich ist durch den niedrigeren Lebensstandard in Bolivien das Leben an sich ein anderes. Aber ich habe mich schnell an die vorherrschenden Umstände gewöhnt und davon auch viel gelernt. Die Menschen sind vielleicht nicht so offen wie andere Südamerikaner, aber trotzdem sehr gastfreundlich und liebenswürdig. Ich habe mich während meines gesamten Aufenthalts nie unsicher gefühlt.
Natürlich muss man, wie in jeder größeren Stadt, auf seine Wertgegenstande achtgeben und nachts nicht alleine herumlaufen, aber wenn man ein paar Grundregeln beachtet, kann man das Risiko minimieren.
Reisen in Bolivien ist ein Traum. Die Landschaft ist unglaublich vielfältig, das Angebot groß und die Preise meist deutlich unter dem europäischen Niveau.